Eine Rezension zum gleichnamigen Methodenbuch von Monika Heusinger
Die Digitalisierung stellt die umfassendste kulturelle Veränderung seit dem Buchdruck dar und zieht weitreichende Veränderungen in Privatleben, Gesellschaft und Arbeitswelt nach sich. Diese Transformation erfordert es, Lehren und Lernen in einer digital geprägten Welt kritisch zu hinterfragen und teilweise neu zu denken. Dazu braucht es neben digitalen Endgeräten in der Schule auch und insbesondere vernetzte Lernumgebungen, um die Potenziale digitaler Medien zur Entfaltung zu bringen. Seit einigen Jahren gibt es dazu bereits zahlreiche erfolgreiche Versuche und eindrucksvolle Anregungen. Eine moderne digitale Schulentwicklung (auf die hier genauer eingegangen wurde) sollte diese Potenzialentfaltung auf verschiedenen Feldern von Schule in den Fokus rücken. Mit dem Methodenbuch „Lernprozesse digital unterstützen“ von Monika Heusinger liegt nun eine Sammlung vor, die vor allem für den Bereich der Unterrichtsentwicklung herangezogen werden kann und eine Vielzahl sinnvoller didaktischer Konzepte enthält.
Heusinger, selbst Studiendirektorin am Otto-Hahn-Gymnasium in Saarbrücken und Dozentin für Fachdidaktik Spanisch an der Universität des Saarlandes, zeigt in ihrem Buch auf, wie das Potenzial digitaler Medien für individualisiertes, kollaboratives bzw. kooperatives, inklusives, gamifiziertes sowie immersives Lernen genutzt werden kann. Es werden jeweils didaktische Ansätze mit Methoden und Praxisbeispielen verknüpft. Das Themenspektrum reicht von digitalen Lerntheken über Storytelling bis hin zu spielerischem Lernen durch Coden. Auf den ersten Blick wirkt das auf Grund der Menge unübersichtlich. Auf den zweiten Blick jedoch kann das Methodenbuch auch als eine Art Nachschlagewerk betrachtet werden, das durch seine Fülle einen Pool an Inspiration darstellt.
Für einige ausgewählte Methoden stehen darüber hinaus Online-Materialien zur Verfügung, die über einen QR-Code erreicht werden können. Die Verlinkungen führen zu unterschiedlichen Quellen im Internet, die das jeweilige Kapitel mit Beispielen veranschaulichen. An dieser Stelle setzt mein einziger Kritikpunkt an. Die komplette Veranschaulichung des Methodenbuches ist über eben diese QR-Codes „ausgelagert“. Durch das Fehlen von Bildern, Screenshots, Grafiken oder ähnlichem ist das Buch auf den ersten Blick leser*innenunfreundlich. Hier hätte eine Mischung gutgetan und den Text aufgelockert.
Positiv hervorzuheben ist hingegen, dass Heusinger das Thema des inklusiven Lernens nicht außer Acht lässt. Die hier schlummernden Potenziale des digitalen Lernens für den Förderschulbereich werden in der öffentlichen Diskussion leider häufig ausgeblendet. Zudem sind mit dem Kapitel zum gamifizierten Lernen auch Bereiche der Informatik angesprochen. Damit bietet das Methodenbuch auch für Lehrkräfte, die schon lange im Bereich des computergestützten Lernens aktiv sind, Anregungen (etwa bezüglich der Robotik).
Zu guter Letzt soll auf das Kapitel zum immersiven Lernen hingewiesen werden. Nicht zuletzt damit zeigt Heusinger, dass sie mit ihrer Auswahl am Puls der Zeit ist. Mit immersivem Lernen ist das Eintauchen in digitale Lernwelten durch VR und AR – also virtuelle Welten gemeint. Die Verbreitung dieser Lernmöglichkeiten steckt zwar in der Schulpraxis noch in den Kinderschuhen. Dennoch ist damit zu rechnen, dass deren Bedeutung in der Zukunft zunehmen wird.
Für wen ist dieses Buch geeignet?
Der Autorin ist es gelungen, Theorie zur digitalen Bildung mit Praxisanregungen für den täglichen Unterricht zusammen zu führen. Die aufgezeigten Ansätze und Beispiele sind jahrgangsstufenübergreifend und fachunabhängig einsetzbar, vor allem in der Sekundarstufe I und II. Einzelne Anregungen sind auch für Grundschullehrkräfte interessant, müssen aber individuell angepasst werden. Damit kann das Buch „Lernprozesse digitale unterstützen“ von Monika Heusinger allen Lehrkräften empfohlen werden, die Interesse daran haben, ihren Unterricht um Aspekte der digitalen Bildung weiterzuentwickeln. Das gilt auch für Lehrkräfte, die mit diesen Bemühungen am Anfang stehen und sich noch unsicher fühlen. Im Kapitel „Organisatorische Hilfen“ finden sich z.B. umfangreiche Ansätze zur effektiven digitalen Selbstorganisation. Darüber hinaus sollten sich Fortbildner*innen, Seminarleiter*innen, Lehrbeauftragte der Universitäten und Mitarbeiter*innen von Schulleitung und Schulaufsicht angesprochen fühlen. Wer unterrichtstechnisch auf der Höhe der Zeit sein will, kommt an Heusingers gelungener und umfangreicher Zusammenstellung zu digitalen Lernprozessen derzeit kaum vorbei.
Heusinger, Monika (2020): Lernprozesse digital gestalten. Ein Methodenbuch für den Unterricht. Weinheim Basel: Beltz Verlag.
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https://www.beltz.de/fileadmin/beltz/inhaltsverzeichnisse/978-3-407-63189-3.pdf
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