Eine Rezension zum gleichnamigen Buch von Björn Nölte
Formen des kollaborativen Lernens sollten neben kommunikativen und kreativen Elementen einen festen Platz in einer modernen Lehr-/Lernkultur einnehmen. Dabei geht es einerseits um die Entwicklung neuartiger Lernarrangements im digitalen Raum, andererseits um die Begleitung von Schüler*innen hin zu den Kompetenzen, die für Studium und Beruf heute unablässig sind: Gemeinsam und im Team lernen zu können. Über diese Formen des „Kollaborativen Lernens“ schreibt Björn Nölte, Schulrat der evangelischen Schulstiftung in Berlin/Brandenburg, im gleichnamigen ersten Band der neuen Reihe „Upgrade“ – erschienen im Klett Kallmeyer Verlag.
Worum geht es?
Auf rund 160 Seiten beschreibt Nölte in elf Kapiteln, was kollaboratives Lernen meint, wie es sich in die Praxis umsetzen lässt, wie Lehrkräfte kollaborative Leistungen bewerten können und was all das für die Schule von morgen bedeutet. Beim Lesen wird schnell deutlich, dass es dabei nicht bloß um Kollaborationstools oder eine Methodensammlung geht. Anhand kollaborativer Ansätze beschreibt der Autor vielmehr, wie ein umfassender Lernkulturwandel in Schule und Unterricht aussehen könnte. Dabei streift er verschiedenste Aspekte rund um die 4K (Kapitel 3) sowie deren Umsetzung im Unterricht (Kapitel 4). Darüber hinaus geht es um das Diagnostizieren und Bewerten kollaborativen Lernens (Kapitel 5 und 6) sowie um Ansätze einer zeitgemäßen Prüfungskultur, die Elemente des Zusammenarbeitens aufnimmt.
Im letzten Drittel des Buches umreißt Nölte systemische Modelle, wie Bildungseinrichtungen mit Kollaboration umgehen könn(t)en (Kapitel 7) und welche Rolle Beziehungen zwischen Lehrenden und Lernenden dabei spielen (Kapitel 8). Zu guter Letzt beleuchtet der Autor Elemente des kollaborativen Arbeitens innerhalb von Kollegien bzw. der Schulgemeinschaft und welche Rolle Kollaboration in der Ausbildung zum Lehramt spielen müsste (Kapitel 10). Alle Kapitel sind so angelegt, dass sich theoretische Zugänge und praktische Anregungen abwechslungsreich die Waage halten. Überdies sind an mehreren Stellen Web-Inhalte verlinkt bzw. wird auf Materialien zum Download hingewiesen.
Gesamteindruck
Der Autor Björn Nölte ist ehemaliger Lehrer und Seminarleiter, Gründungsmitglied des Instituts für zeitgemäße Prüfungskultur und ein bekannter Vordenker für das Lehren und Lernen im digitalen Wandel. Deswegen verwundert es nicht, dass sein Buch „Kollaboratives Lernen“ unterm Strich mehr hält als es verspricht. Als Leser*in erhält man nicht bloß Tipps zum „Sehen, Fördern, Bewerten“ (so der Untertitel), sondern eine verdichtete Sammlung über Ansätze des modernen Unterrichts – eingebettet in Überlegungen zu einer zeitgemäßen Lehr-/Lernkultur. Man merkt beim Lesen, dass hier nicht nur etwas zusammengetragen und aufgeschrieben wurde. Nölte berichtet authentisch und umfassend von seinem Anliegen, Kollaboration in Schule und Unterricht mit Leben zu füllen.
Zudem handelt es sich bei der Veröffentlichung von Nölte nicht bloß um ein Fachbuch über Kollaboration. Das Büchlein ist auch selbst Ergebnis umfangreicher Zusammenarbeit. So hat der Autor nicht nur Ideen und Ansätze zahlreicher Kolleg*innen verarbeitet (z.B. aus dem Twitterlehrerzimmer), sondern lässt gleich an mehreren Stellen Ko-Autor*innen zu Wort kommen, die ihrerseits Expert*innen auf verschiedenen Gebieten sind (z.B. Tim Kantereit als Seminarleiter und Autor aus Bremen).
„Digitalität führt zu anderen Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Sie fördert und erfordert Kollaboration.“ (S. 29)
Für wen ist das Buch geeignet?
Die Veröffentlichung „Upgrade: Kollaboratives Lernen“ richtet sich an Lehrkräfte, Referendar*innen und Personen, die in der Lehramtsausbildung tätig sind. Darüber hinaus dürften all diejenigen von der Lektüre profitieren, die sich für die zeitgemäße Gestaltung von Lehr-/Lernprozessen interessieren. Nöltes Buch ist dabei nur bedingt zum schnellen Nachschlagen geeignet. In seinen weiten Bögen lädt es eher ein zum Nachdenken, Ausprobieren und Weiterlesen sowie nicht zuletzt zum Überdenken von Haltungen. Wenn man der Veröffentlichung überhaupt etwas vorwerfen möchte, dann lediglich, dass diese weiten Bögen bei mir manchmal den Eindruck hinterlassen haben, dass dann doch ein bisschen viel mit ins Buch sollte und manches dabei nur angerissen wird (z.B. Edu-Breakouts, Scrum oder der Themenkomplex des Feedbacks). Überdies hätte ich noch den ein oder anderen Bezug zur empirischen Lehr-/Lernforschung interessant gefunden.
Fazit
Für mich ist der Auftakt der Reihe „Upgrade“ inhaltlich und optisch (mit wirklich ansprechendem Layout) mehr als gelungen. Das Buch „Kollaboratives Lernen“ ist eine spannende Sammlung inspirierender Ansätze für Schule und Unterricht auf der Höhe der Zeit. Es ist gleichzeitig auch ein Streifzug durch eine moderne Lehr-/Lernkultur für die Schule von morgen. Und es macht Lust zum Ausprobieren und Nachmachen und lädt uns Leser*innen ein, Teil des kollaborativen Lernnetzwerks zu werden, aus dem der Autor Björn Nölte seine Inspiration schöpft. Klare Leseempfehlung.
Nölte, B. (2022): Upgrade: Kollaboratives Lernen. Sehen Fördern Bewerten. Hannover: Kallmeyer in Verbindung mit Klett Friedrich Verlag GmbH.
Auf den Seiten des Verlags kann das Inhaltsverzeichnis sowie eine Leseprobe aufgerufen werden.
Hier geht´s zur Besprechung einer früheren Veröffentlichung von Björn Nölte: Eine Schule ohne Noten – Neue Wege zum Umgang mit Lernen und Leistung (zusammen mit Philipe Wampfler).
Veröffentlicht am 23. Februar 2023