Impulse für ein frühes Anbahnen KI-bezogener Kompetenzen
Die Diskussion um Künstliche Intelligenz in der Grundschule nimmt Fahrt auf. Nicht zuletzt durch die Handlungsempfehlungen der Kultusministerkonferenz wird deutlich, dass das Lernen mit, über und durch KI nicht erst in der Sek I beginnen kann. Gleichzeitig gibt es trotz dieser Empfehlung viele kritische Stimmen. Es wird zum Beispiel argumentiert, dass Kinder nicht zu früh und nicht zu viel mit digitalen Medien arbeiten sollten. Bevor sie mit Maschinen interagieren, sollten sie grundlegende Kompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen erwerben, heißt es häufiger. Hinzu kommt die Frage, ob Kinder auf eine sinnvolle und zielführende Weise mit KI-Systemen interagieren können, ohne überfordert zu werden.
Ungeachtet dessen zeigt die Empfehlung der KMK, dass der Aufbau von KI-bezogenen Kompetenzen dort beginnen muss, wo Schülerinnen und Schüler in ihrer Lebenswelt mit KI-Systemen in Berührung kommen. Bei Grundschülern ist das etwa der Fall, wenn sie im privaten Umfeld bspw. mit KI-Anwendungen wie Snapchat zu tun haben und dort bereits in jungen Jahren mit der „My AI“ – Funktion und damit mit einem „KI-Freund“ interagieren. Zudem lässt sich ChatGPT mittlerweile sogar per WhatsApp kontaktieren. Mit Blick auf die Lebenswelt vieler Kinder macht es also durchaus Sinn, kleinschrittig und didaktisch dosiert mit dem Aufbau von KI-bezogenen Kompetenzen in der Grundschule zu beginnen. Idealerweise so, dass dieser Kompetenzaufbau weder die Kinder überfordert noch die Entwicklung anderer wichtiger Fähigkeiten vernachlässigt.
Good-Practice-Beispiele sind Mangelware
Mit Blick auf die Unterrichtspraxis ist es jedoch alles andere als trivial, Schülerinnen und Schüler der Primarstufe sinnvoll, zielführend und konstruktiv mit KI-Systemen zusammenarbeiten zu lassen. Während dies bei adaptiven Lernsystemen und spezieller KI-Lernsoftware (Beispiele finden sich am Ende des Beitrags) durch eine enge didaktische Führung eher möglich ist, stellt der Einsatz von LLM-Chatbots Lehrkräfte in Grundschulklassen vor große Herausforderungen. Dann muss nämlich sichergestellt werden, dass Schülerinnen und Schüler in der Lage sind, zielführende Prompts zu schreiben, den Output der KI zu verstehen und zu bewerten und den Transfer auf ihre eigenen Aufgaben zu leisten. Diese Anforderungen setzen hohe metakognitive Kompetenzen voraus, die bei jüngeren Kindern erst nach und nach ausgebildet werden.
Einblicke in die Arbeit von Kristin van der Meer
Kristin van der Meer ist eine Grundschullehrerin und aktive Fortbildnerin, der diese Quadratur des Kreises gelingt. Sie setzt KI nicht nur zielführend und sinnvoll in Grundschulklassen ein, sondern zeigt auch auf, wie eine schrittweise Integration von KI-Systemen Kindern neue Perspektiven eröffnen kann, ohne sie zu überfordern. Ihre Arbeitsweise demonstriert, wie LLM-Chatbots in der Verbindung von fachlichen Inhalten und KI-bezogenen Kompetenzen eine sinnvolle Lernhilfe in der Grundschule darstellen können. Darüber hinaus nimmt sie mit ihrer Schule (Neue Grundschule Potsdam) am KI-Innovationslabor „Künstliche Intelligenz (KI) im Unterricht – Schule von morgen heute gestalten“ der Robert-Bosch-Stiftung teil.
Ich freue mich, dass sich Kristin für ein Gespräch bereit erklärt hat, um mir und uns einige Einblicke in die Arbeit an ihrer Grundschule zu geben!
Liebe Kristin, wie und wofür setzt du KI in der Grundschule ein?
In meiner Grundschule nutze ich KI vor allem, um Kinder auf die Zukunft vorzubereiten und ihnen spielerisch grundlegende KI-Kompetenzen nahezubringen. Dabei setze ich KI-Tools sowohl im Unterricht als auch als Unterstützung in Lernprozessen ein. Zum Beispiel verwenden wir adaptive Lernprogramme wie Bettermarks, die auf das individuelle Tempo und die Lernbedürfnisse der Kinder eingehen können. Die Kinder lernen, wie sie solche Systeme nutzen können, und verstehen langsam, was KI leistet und wo ihre Grenzen sind.
Was treibt dich an, der Arbeit mit KI in der Grundschule Raum zu geben?
Mich motiviert vor allem die Überzeugung, dass wir Kinder frühzeitig auf eine Welt vorbereiten müssen, in der KI eine immer größere Rolle spielt. Schon heute begegnen sie in ihrem Alltag KI, sei es durch Sprachassistenten oder andere Anwendungen. Durch gezielte Anleitung können wir ihnen helfen, diese Technologie mit einem kritischen Blick zu verstehen und gleichzeitig zu erleben, wie sie das Lernen und ihre Kreativität bereichern kann.
Kannst du Beispiele geben, wie die Zusammenarbeit der Kinder mit den von euch genutzten Tools in einem konkreten Fach aussieht?
In Deutsch nutzen wir beispielsweise die KI-Tools von fobizz, um kreative Schreibaufgaben zu unterstützen. Die Kinder erhalten Impulse von der KI, die ihnen Ideen und Anregungen geben, aber sie lernen auch, wie sie die KI als „Schreibassistent“ einsetzen können, ohne ihre eigenen Gedanken zu verlieren. Die KI gibt Vorschläge, die die Kinder diskutieren und abwägen können, was besonders ihre Sprach- und Ausdrucksfähigkeiten fördert.
Lass uns das gerne noch konkretisieren. Wie gestaltest du die Arbeitsaufträge, sodass die Schülerinnen und Schüler nicht überfordert sind? Und wie stellst du sicher, dass fachliche Inhalte nicht verloren gehen – zum Beispiel durch falsche Informationen oder Halluzinationen im Output der KI?
Die Gestaltung der Arbeitsaufträge ist bei der Einführung von KI in der Grundschule entscheidend, um Überforderung zu vermeiden und die fachlichen Inhalte im Blick zu behalten. Daher arbeite ich mit einer klaren Struktur und unterteile die Aufgaben in einfache, nachvollziehbare Schritte. Die Kinder sammeln zunächst Wissen zum jeweiligen Thema, häufig mit klassischen Quellen wie Büchern oder Arbeitsmaterialien, bevor sie mit der KI arbeiten. Dieses Wissen dient ihnen dann als Grundlage, um die Antworten der KI kritisch zu prüfen und zu hinterfragen. Ein Beispiel aus unserem Unterricht sind Aufgaben, bei denen die Kinder das Thema Vier Fälle bearbeiten. Hier haben sie bemerkt, dass die KI oft falsche oder ungenaue Antworten gibt. An diesen Stellen wird das Wissen, das sie sich selbst erarbeitet haben, besonders wichtig, da sie die KI-Informationen mit verlässlichen Quellen abgleichen müssen. In diesem Prozess lernen sie nicht nur, die Informationen der KI kritisch zu hinterfragen, sondern auch, wie wichtig verlässliche Recherchequellen sind. Sie verstehen dadurch, dass die KI eine Hilfe sein kann, aber nicht immer verlässlich ist, was ihre Medienkompetenz deutlich stärkt.
Beispiel aus dem Unterricht:
In diesem Video zeigt eine Schülerin der vierten Klasse, wie sie sich mithilfe digitaler Tools selbstständig Wissen zum Thema Zeitformen angeeignet hat. Sie begann mit einem Erklärvideo, dessen Inhalte sie über ein Sprachtranskript zusammenfasste. Anschließend nutzte sie KI, um individuelle Übungen passend zu ihren Interessen zu erstellen. Da sie gerne bastelt, schlug die KI vor, eine Uhr zu basteln, diese in vier Teile zu teilen und in jedem Viertel eine Zeitform (Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft, Perfekt) mit einem passenden Beispielsatz einzutragen. Im weiteren Verlauf erklärte die Schülerin der KI, was sie auf die Uhr geschrieben hatte. Die KI gab daraufhin Feedback und half ihr, ihre Sätze zu korrigieren und zu verbessern. Das Video verdeutlicht, wie kreativ und selbstständig Lernprozesse durch den Einsatz moderner Technologien gestaltet werden können, indem sie auf individuelle Interessen und Bedürfnisse eingehen.
Fachliche und kreative Kompetenzen
Bei der Erstellung von Lernprodukten, wie beispielsweise einem Poster, arbeiten die Kinder zunehmend eigenständig mit der KI. Sie beschreiben der KI sehr genau, wie ihr Endprodukt aussehen soll, und lassen sich dann Vorschläge und Feedback geben, das sie reflektiert einarbeiten. Sie fragen gezielt nach Ideen zur Gestaltung oder bitten um Formulierungsvorschläge für ihre Inhalte. Dadurch entwickeln die Kinder sowohl fachliche als auch kreative Kompetenzen und lernen, das Potenzial der KI als Feedbackgeber zu nutzen, ohne das Ergebnis ungeprüft zu übernehmen. Dieser iterative Prozess fördert das kritische Denken und hilft ihnen, schrittweise mehr Verantwortung für ihren Lernprozess zu übernehmen.
Wie bringst du deine Klasse dazu, immer wieder kritisch zu reflektieren und nicht ungefragt alles zu übernehmen?
Um meine Klasse dazu anzuleiten, KI-Antworten kritisch zu hinterfragen, arbeite ich mit einer festen Struktur, die wir in den Arbeitsprozess integrieren. Wir haben eine Art Checkliste entwickelt, die die Kinder schrittweise durchgehen, bevor sie die Antworten der KI in ihre Arbeit übernehmen. Diese Checkliste enthält gezielte Reflexionsfragen, die das kritische Denken fördern und die Kinder dabei unterstützen, eigenständig die Qualität und Zuverlässigkeit der Informationen zu beurteilen.
Die Checkliste enthält Fragen wie:
1. „Klingt die Antwort logisch und passt sie zu dem, was ich bereits weiß?“ Hier überlegen die Kinder, ob das Ergebnis mit ihrem bereits vorhandenen Wissen übereinstimmt oder ob etwas unlogisch erscheint. Wenn sie Zweifel haben, greifen wir auf andere Ressourcen zurück, wie Bücher oder Materialien aus dem Unterricht, um die Information zu verifizieren.
2. „Würde ich die gleiche Antwort bekommen, wenn ich eine andere Quelle oder Person frage?“ Dieser Schritt hilft den Kindern zu erkennen, dass verschiedene Quellen unterschiedliche Perspektiven bieten können. Sie lernen, sich nicht allein auf die KI zu verlassen, sondern auch alternative Meinungen und Quellen heranzuziehen. Dies ist eine wichtige Übung, die ihnen zeigt, dass die KI nicht die „eine Wahrheit“ besitzt.
3. „Wie verlässlich ist die Quelle, auf die die KI sich möglicherweise bezieht?“ So sensibilisieren wir sie dafür, dass nicht jede Information im Internet oder aus KI-Systemen eine verlässliche Grundlage hat. Diese Frage regt sie dazu an, immer die Glaubwürdigkeit der Information zu hinterfragen, die sie nutzen wollen.
4. „Hat die KI vielleicht Fehler gemacht?“ Mit dieser Frage stärken die Kinder ihre kritische Distanz zu KI-Ergebnissen. Sie wissen, dass KI-Systeme Fehler machen oder Informationen falsch interpretieren können. Diese Haltung haben sie beispielsweise schon bei den oben genannten Fallstudien entwickelt, bei denen sie bewusst Falsches von Richtigem unterschieden haben.
5. „Kann ich die Antwort in meinen eigenen Worten erklären?“ Hier überprüfen sie, ob sie das, was die KI ausgegeben hat, wirklich verstanden haben. Sie formulieren die Antwort neu, um sicherzustellen, dass sie den Inhalt auch begreifen und eigenständig anwenden können. Diese Reflexion unterstützt sie darin, ihr Wissen aktiv zu festigen.
Diese Checkliste wird bei uns zum festen Bestandteil des Arbeitsprozesses, und ich unterstütze die Kinder dabei, sie regelmäßig zu verwenden. Schritt für Schritt entwickeln die Schülerinnen und Schüler so die Fähigkeit, KI-Antworten unabhängig zu hinterfragen und fundierte Entscheidungen darüber zu treffen, ob sie diese Inhalte nutzen oder eher andere Quellen einbeziehen sollten. Dieses systematische Hinterfragen fördert nicht nur ihre Medienkompetenz, sondern verankert auch eine reflektierte Haltung gegenüber digitalen Inhalten.
Welche Rolle spielen dabei Lernstrategien? Wie müssen diese mit Blick auf KI erweitert/angepasst werden?
Die Arbeit mit KI erfordert, dass Lernstrategien stärker in den Fokus gerückt werden. Während sie bisher oft implizit vermittelt wurden, müssen sie nun explizit gelehrt und trainiert werden, um einen sinnvollen und reflektierten Einsatz von KI zu ermöglichen. Lernstrategien sind die Grundlage, um KI effektiv nutzen zu können – ohne sie laufen Schülerinnen und Schüler Gefahr, die Werkzeuge unkritisch oder ineffizient einzusetzen. Und sie sind nicht nur „Hintergrundwerkzeug“, sondern eine Schlüsselkompetenz, die den gesamten Lernprozess steuert:
- Planung des Lernprozesses: Die Fähigkeit, Lernziele zu definieren und zu strukturieren, wird zur Voraussetzung, um gezielt mit KI zu arbeiten.
- Reflexion des Lernprozesses: Ohne eine kontinuierliche Überprüfung der Ergebnisse – sowohl der eigenen als auch der von der KI generierten – ist ein qualitativ hochwertiger Lernprozess kaum möglich.
- Kritische Bewertung des Lernprozesses: Da KI keine Wertungen trifft, müssen Schülerinnen und Schüler aktiv lernen, zwischen sinnvollen und unsinnigen Informationen zu unterscheiden.
Zu den Kompetenzen des 21. Jahrhunderts gehört laut dem 4K-Modell neben dem Kritischen Denken auch Kommunikation, Kollaboration und Kreativität. Wie leitest du deine Schülerinnen und Schüler an, die Interaktion mit der KI auch in/für Partner- bzw. Gruppenarbeiten bzw. für kreative Verarbeitungsformen zu nutzen?
In meiner Unterrichtspraxis fördere ich nicht nur kreative Aufgaben und Gruppenarbeiten mit der KI, sondern auch die individuelle Auseinandersetzung der Schüler mit einem Thema, die durch die KI personalisiert wird. Sobald die Kinder sich grundlegendes Wissen zu einem Thema erarbeitet haben, können sie sich mit der Unterstützung der KI individuell Übungsaufgaben erstellen lassen, die speziell auf ihre Interessen und Lernbedürfnisse zugeschnitten sind. Dies fördert nicht nur ihr Engagement, sondern hilft ihnen, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen.
Ich kann mir vorstellen, dass das bei dir auch ein längerer Prozess war. Kannst du skizzieren, wie deine ersten Schritte mit KI ausgesehen haben und wie du dich und die Arbeit mit KI dann weiterentwickelt hast?
Ich begann vorsichtig und nutzte einfache, adaptive Lernprogramme, die den Lernstand der Kinder berücksichtigten. Diese Programme erleichterten die Differenzierung, hatten jedoch begrenztes Potenzial für interaktive Lernprozesse. Mit der Zeit wagte ich mich an komplexere Anwendungen wie LLM-Chatbots, zunächst für geführte Dialoge. Die Kinder überprüften die Antworten kritisch und lernten, die Informationen nicht einfach zu übernehmen. Nach und nach integrierten sie die KI kreativer, z. B. zur Ideenfindung für Projekte und Geschichten.
Der Übergang von reiner Informationsbeschaffung zu kreativen, kollaborativen Anwendungen war ein Wendepunkt. Gruppenprojekte, bei denen die Kinder gemeinsam mit der KI arbeiteten, förderten nicht nur die Zusammenarbeit, sondern auch die Eigenverantwortung. Rückblickend sehe ich die KI heute als wertvolles Werkzeug, das Lernen bereichert und kritisches Denken stärkt. Künftig möchte ich den Fokus noch stärker auf selbstreguliertes Lernen legen, um die Kinder in ihrer Eigenständigkeit weiter zu fördern.
Kannst du im Nachhinein Stolpersteine ausmachen, die mit Blick auf deine eigene KI-Lernkurve vielleicht sogar notwendig waren?
Ein Stolperstein, den ich auf meinem Weg mit der KI definitiv ausgemacht habe, war, dass ich zu Beginn den Umfang und das Potenzial an Informationen, die KI bieten kann, etwas unterschätzt habe. Ich hatte anfangs ein eher begrenztes Verständnis darüber, wie mächtig KI in der Bereitstellung von Wissen und Unterstützung sein kann, und dachte, dass sie hauptsächlich als schnelle Informationsquelle dienen würde, die den Kindern hilft, Aufgaben schneller zu erledigen. In der Praxis zeigte sich jedoch schnell, dass KI weit mehr ist – sie kann nicht nur Informationen liefern, sondern auch als kreatives Werkzeug dienen, das den Kindern neue Perspektiven und Denkanstöße bietet. Doch genau hier lag auch die Gefahr, dass Kinder die erhaltenen Informationen unreflektiert übernehmen, ohne sie auf ihre Richtigkeit und Relevanz zu überprüfen.
Dieses Unterscheiden zwischen Nutzung als Informationsquelle und als kreatives, kollaboratives Tool war anfangs nicht klar für mich. Ich habe oft zu viel Vertrauen in die KI gesetzt und sie als ein endgültiges „Ergebnis“ angesehen, was dazu führte, dass ich nicht ausreichend darauf achtete, wie und in welchem Kontext sie von den Kindern verwendet wurde. Ich dachte zunächst, die KI könnte den Schülern helfen, schneller und effizienter zu arbeiten, doch ohne eine begleitende Reflexion über den Ursprung und die Richtigkeit der gelieferten Informationen, könnte dies zu einer unkritischen Haltung führen. Das war ein entscheidender Stolperstein – die Erkenntnis, dass KI nicht nur als Hilfsmittel genutzt werden sollte, sondern auch kritisch hinterfragt werden muss.
Ein weiterer wichtiger Stolperstein war, dass Kinder oft unkritisch die Antworten der KI übernahmen. Dies zeigte mir, wie zentral die Vermittlung einer kritischen Reflexion ist. Ich führte Reflexionsfragen wie „Passt das zu dem, was du bereits weißt?“ ein, um die Kinder anzuregen, die Informationen zu hinterfragen. Um Überforderung zu vermeiden, lernte ich zudem, Aufgabenstellungen präziser zu formulieren und den Kindern zu vermitteln, wie sie relevante Informationen filtern. Dies zeigte mir, wie entscheidend die Qualität der Aufgabenstellung für den sinnvollen Einsatz der KI ist.
Letztlich wurde mir klar, dass der Einsatz von KI immer eine Balance zwischen Unterstützung und kritischer Eigenständigkeit erfordert. Die Kinder mussten lernen, die KI als Werkzeug zu nutzen, ohne deren Antworten ungeprüft zu übernehmen. Dieser Lernprozess hat nicht nur meine Herangehensweise an den Unterricht verändert, sondern auch die Fähigkeit der Kinder gestärkt, kreativ und reflektiert mit Technologie umzugehen.
Wie können Lehrkräfte, die sich für die Arbeit mit KI interessieren, für sich selbst, aber auch im Unterricht der Grundschule anfangen? Hast du Tipps?
Ein erster und wichtiger Schritt für Lehrkräfte, die sich für die Arbeit mit KI interessieren, ist es, sich selbst mit einfachen, sicheren KI-Tools vertraut zu machen. Diese Tools bieten oft eine benutzerfreundliche Oberfläche und sind speziell darauf ausgerichtet, Lehrkräfte zu unterstützen, ohne dass eine tiefgehende technische Vorkenntnis notwendig ist. Zu Beginn würde ich empfehlen, sich mit KI-Anwendungen auseinanderzusetzen, die in der Unterrichtsorganisation oder der Unterstützung von Lernprozessen hilfreich sein können, wie etwa Textgeneratoren, Quiz-Tools oder Programme zur Erstellung von Lernmaterialien. Diese Tools sind besonders geeignet, um den Einstieg zu erleichtern, da sie direkt im Unterricht verwendet werden können, ohne dass komplexe technische Kenntnisse erforderlich sind.
Ein weiterer guter Einstieg in die Arbeit mit KI ist die Nutzung zur Erstellung individueller Übungsaufgaben. Lehrkräfte können der KI Lernziele und Altersstufen vorgeben und Aufgaben erstellen lassen, die auf die Bedürfnisse der Schüler abgestimmt sind. Dabei sollte darauf geachtet werden, dass die Aufgaben klar strukturiert und nicht überfordernd sind.
Wichtig ist es, die Schüler schrittweise an den Einsatz der KI heranzuführen. Reflexionsfragen wie „Ist diese Information korrekt?“ fördern ein kritisches Verständnis. Fächer wie Deutsch, Mathematik oder Sachunterricht eignen sich besonders, um die KI zunächst für Routineaufgaben oder Recherchen zu nutzen.
Dazu halte ich den regelmäßigen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen für wichtig, um Erfahrungen zu teilen und voneinander zu lernen. Arbeitsgruppen oder gemeinsame Projekte bieten die Möglichkeit, KI-Ansätze fächerübergreifend zu entwickeln. Die Einführung sollte schrittweise erfolgen: Zunächst einfache Aufgaben mit direktem Erfolgserlebnis, bevor komplexere Anwendungen integriert werden. Online-Webinare, Workshops und Leitfäden können dabei unterstützen, die eigenen Kompetenzen zu erweitern.
Zusammenfassend: Ein gezielter und reflektierter Einsatz von KI, kombiniert mit kollegialem Austausch und stetiger Anpassung, ermöglicht es, die Technologie nachhaltig und sinnvoll in die Grundschule zu integrieren.
Vielen Dank für das Gespräch!
Empfehlenswerte KI-Anwendungen für die Grundschule ⬇️
Plattformen, die die aktive Nutzung von LLM-Chatbots und KI-Bildsoftware im Unterricht ermöglichen: KI-Tools von fobizz, SchulKI, Paddy.
Sonstige KI-Tools: LaLeTu, Frontread, ekidz.eu, kaligo, EduPen, Dynamilis, grafari, calcularis, FelloFish (früher Fiete), PEER, Deepl, Napkin, Mapify, calcularis.
Kristin van der Meer ist Lehrerin an der Neuen Grundschule Potsdam, Fortbildnerin und über verschiedene Kanäle präsent in den Sozialen Medien. Zusammen mit Jennifer Knellesen betreibt sie den Blog „Vom Labor ins Klassenzimmer“. Kontakt: kristinvandermeer(at)gmx(dot)de
Wer noch tiefer in das Thema „KI in der Grundschule“ eintauchen möchte, findet zahlreiche Anregungen auf einem Padlet von Michael Steiner (PH Wien): https://padlet.com/eis/ki-in-der-grundschule-iaqj5gkhhbbimtvw.
Veröffentlicht am 4. Februar 2025