Eine Rezension zum gleichnamigen Buch von Michael Drabe
Für Schulleitungen und Lehrkräfte ist es nicht einfach, den Überblick über alle Bereiche der schulbezogenen Digitalisierung zu behalten. Neben technischen Fragestellungen sollen Unterricht und Verwaltung weiterentwickelt sowie neue Strukturen der Vernetzung aufgebaut werden. Dazu benötigen Schulen intelligente Fortbildungskonzepte, die an die jeweiligen Bedingungen vor Ort angepasst und in konzeptionelle Überlegungen innerhalb eines Medienkonzepts eingebettet sein sollten. Mit „Das Fortbildungskonzept zur modernen Schule“ hat der Schulberater Michael Drabe ein Buch vorgelegt, das Schulleitungen und Steuergruppen bei eben diesen Prozessen unterstützen will. Es bildet den Schlusspunkt einer vierbändigen Reihe und verspricht Unterstützung bei der Gestaltung der Digitalisierung in der Schule.
Worum geht es?
Auf etwas über 100 Seiten umreißt Drabe Themengebiete, die im Kontext einer schulbezogenen digitalen Transformation diskutiert werden. Darunter finden sich z.B. das Lernmodell der 4K (Kapitel „Kultur der Digitalität“), Hinweise zum sogenannten Deeper Learning („Transformation analog – digital: Fachunterricht“), Ansätze einer agilen Didaktik („Transformation analog – digital: Projektunterricht“) oder Ideen zum Aufbau eines Persönlichen Lernnetzwerks („Fortbildung“). Die jeweiligen Themen sind überblickshaft dargestellt, eher allgemein gehalten und mit längeren Zitaten der jeweiligen Quellen unterlegt. Etwas konkreter wird es dann ab S. 66, wenn der Autor beschreibt, welche Fortbildungsstrategie er empfiehlt. Basierend auf seinen Erfahrungen aus einem hessischen Fortbildungsprojekt schwebt ihm ein dreijähriges Modell vor, das bei der einzelnen Lehrkraft beginnt (1. Jahr: Agile Unterrichtskonzepte), anschließend die gesamte Schule in den Blick nimmt (2. Jahr: Vernetztes Arbeiten an Schulprojekten) und die gemachten Erfahrungen schließlich in einem Curriculum bündelt (3. Jahr: Konsolidierung). Die jeweiligen Phasen werden im Buch anschließend genauer ausgeführt und in verschiedenen Aspekten ausbuchstabiert. Dazu gehören u.a. die Einführung eines Lernmanagement-Systems, der Umgang mit Feedback und das Erproben von Fortbildungsformaten.
In Kapitel fünf ergänzt Drabe seine Überlegungen dann um Hinweise zur Evaluation. Diese soll ebenfalls auf verschiedenen Ebenen organisiert werden (individuell, schulintern) und mit der Entwicklung einer schulischen Feedback-Kultur einhergehen. Im Schlusskapitel folgen dann noch einige Gelingengsbedingungen sowie Thesen zur Schule 5.0, die überwiegend auf einen Beitrag von Prof. Dr. Welp und E. Ostmeier[1] zurückgehen und als eine Art Zusammenfassung des Buches gelesen werden können.
Eine crossmediale Erweiterung
Zudem verweist der Autor bereits in der Einleitung auf die Hompage www.schule50.de, die eine Art digitale Erweiterung des Buches darstellt – für all das, was aus Platz- und Darstellungsgründen nicht mehr in das Buch gepasst hat. Die Website stellt damit eine Ergänzung zur (ebenfalls von Drabe administrierten) Homepage www.schule-in-der-digitalen-welt.de dar. Während letztere jedoch ein breiteres Publikum ansprechen soll, ist Schule50 (womit eigentlich Schule 5.0 gemeint ist) eher für innovative Ansätze gedacht und experimenteller angelegt. Und so geht es in Interviews, Videos, Textbeiträgen und Twitter-Hinweisen vor allem darum, Schule in Kernbereichen wie einer veränderten Prüfungskultur oder in anderen Raum-Strukturen „neu zu denken“.
Für wen ist das Buch geeignet?
Michael Drabe, der sich selbst als Schulberater im Unruhestand bezeichnet, hat im Auer Verlag eine mehrbändige Reihe zur Schul- und Unterrichtsentwicklung vorgelegt, aus der Lehrkräfte und Schulleitungen einige Anknüpfungspunkte für die eigene Arbeit vor Ort entnehmen können. Der vorliegende vierte Band konzentriert sich in dieser Reihe auf das Fortbildungskonzept und bietet eine überblickshafte Einführung, die eher breit als tief angelegt ist. Diese richtet sich an Personen, die zur Weiterentwicklung der eigenen Schule Ideen und Ansätze suchen. Gemeint sind Mitglieder von Steuergruppen oder Digi-Teams, Schulleitungen, SchiLf-Koordinator*innen oder Systembetreuer*innen. Darüber hinaus ist die Veröffentlichung auch für interessierte Lehrkräfte geeignet, die einen Einstieg in den Themenkomplex der digitalisierungsbezogenen Schulentwicklung suchen und einen Überblick über die „Themen der Szene“ bekommen möchten.
Fazit
Beim Lesen haben mir an der ein oder anderen Stelle Überleitungen und konzeptionelle „Brücken“ gefehlt, was auch an den langen Zitat-Passagen gelegen haben mag. Überdies hätte dem Text ein auflockerndes Layout gut getan, ebenso wie ich die Quellenangaben im Fließtext unglücklich finde. Wer die kursiv gesetzten Textblöcke jedoch als Einladung in das Wording bestimmter Autor*innen versteht und die Bandbreite der angeschnittenen Themen (vor einer intensiveren Auseinandersetzung) erstmal überblicken möchte, kann bedenkenlos zugreifen. Wer dann doch im Detail einsteigen will, kann zum Beispiel auf der Homepage www.schule50.de weiterlesen. Diese ist aus meiner Sicht gelungener als das Buch – übersichtlich, multimedial, selbsterklärend in der Struktur, optisch ansprechend und voller Anregungen. Es muss jedoch nicht unbedingt ein Argument gegen das Buch sein, dass ich das so empfinde. Vielmehr könnte es auch ein Indiz dafür sein, dass Drabes Konzept aufgeht: Ein Themenkomplex, der sich zwei unterschiedlichen Zielgruppen mit zwei unterschiedlichen Veröffentlichungen erschließen soll.
Drabe, M. (2022): Das Fortbildungskonzept zur modernen Schule. Ein Praxisleitfaden für Schulleitung, Lehrkräfte und Steuergruppen. Augsburg: Auer Verlag.
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Veröffentlicht am 19. Oktober 2022
[1] https://ostmeier-66567.medium.com/schule-5-0-die-zukunft-von-schule-erfinden-73cd6eb9b87
Vielen Dank, lieber Joscha für Deine Vorstellung meines Buchs und der damit korrespondierenden Webseite. Ich weiß das sehr zu schätzen…
Wie Du richtig kommentierst, berücksichtigen die beiden Versionen unterschiedliche Zielgruppen. Die Printversion soll vor allem auch die Lehrkräfte mit ins Boot nehmen, die nicht so erafhren wie wir und in den (sozialen) Netzwerken „unterwegs“ sind. Und deren Anteil dürfte nach wie vor bei 90% und mehr liegen, wie sich kürzlich gezeigt hat, als ein Kollege seine 80 Teilnehmer:innen gefragt hatte, wer Taskcards kennen würde. Mich hat schon umgehauen, dass nur ein einziger den Finger hob…
Auf Layout & Co. der Printversion hatte ich wenig Einfluss, auf die Buchkonzeption natürlich schon ;–) Und in der Tat, waren mir bei der analogen Version die Aussagen der Bildungsforscher:innen wichtig wie notwendig: Sie sorgen für Evidenz und laden die Leser:in dazu ein, sich mit den anmoderierten Schwerpunkten auseinanderzusetzen. Die ergänzenden Informationen auf der Webseite vertiefen den Prozess und ermöglichen Euch Multiplikator:innen, Schulentwickler:innen den Aufbau einer geeigneten Fortbildungsinitiative, lokal, regional und landesweit…so hoffe ich zumindest ;–)
Dir und Deinen Kolleginnen und Kollegen dazu alles Gute & viel Erfolg!
Herzliche Grüße aus dem Norden,
Michael